Das Verständnis für die Zusammenhänge zwischen Körpergewicht, Gesundheit und Krankheit ist entscheidend, um fundierte Entscheidungen für das persönliche Wohlbefinden zu treffen. In diesem Sinne beleuchten wir den Stellenwert des Body-Mass-Index (BMI) im Zusammenhang mit Lipödem – bin ich dick oder habe ich ein Lipödem?
Der Body-Mass-Index
Der BMI ist ein weit verbreitetes Instrument zur Bewertung des Körpergewichts im Verhältnis zur Körpergröße. Er wird durch Division des Körpergewichts einer Person in Kilogramm durch das Quadrat ihrer Körpergröße in Metern berechnet. Die resultierende Zahl gibt einen groben Überblick über das Gewicht im Verhältnis zur Größe und wird in Kategorien wie Untergewicht, Normalgewicht, Übergewicht und Fettleibigkeit eingeteilt. Allerdings gelten folgende Einschränkungen:
Einschränkungen des BMI (Body-Mass-Index) in Bezug auf Lipödem
- Der BMI unterscheidet nicht zwischen Muskel- und Fettmasse
- Der BMI unterscheidet nicht in der Körperzusammensetzung und der Verteilung von Fettgewebe
- Der BMI unterscheidet nicht zwischen Geschlecht und Alter
- Der BMI ist nicht für bestimmte Populationen geeignet (Athleten, Schwangere, etc.)
- Der BMI kann zur Stigmatisierung führen

Lipödem: Eine komplexe Erkrankung
Das Lipödem ist eine chronische Erkrankung, die vor allem Frauen betrifft und durch eine ungleichmäßige, krankhafte Vermehrung und Veränderung von Fettgewebe gekennzeichnet ist. Es kommt zu Schmerzen und kann zu Schwellungen und einer eingeschränkten Mobilität führen. Trotz der Fortschritte in der medizinischen Forschung sind die genauen Ursachen des Lipödems noch nicht vollständig geklärt, aber genetische Veranlagungen und hormonelle Einflüsse werden als wichtige Faktoren betrachtet.
Die Grenzen des BMI bei Lipödem
Für Personen, die an Lipödem leiden, ist der BMI als Maß für das Körpergewicht unzureichend. Das liegt daran, dass der BMI keine genaue Aussage über die Körperzusammensetzung bei Lipödem-Patienten liefert. Menschen mit Lipödem können einen höheren BMI aufweisen, ohne tatsächlich übergewichtig zu sein, da das Lipödem das Gewicht unproportional beeinflussen kann.
Was sagt die S2k-Leitlinie bei Lipödem?
Der BMI, sowie weitere Messwertberechnungen, wie Waist-to-Height-Ratio (WHtR), Waist-to-Hip-Ratio (WHR) sowie der Lipohypertrophiequotient (LipQ) werden genannt, ohne dass die Relevanz der Parameter nachgewiesen ist. Auch eine Therapiekonsequenz ist nicht ableitbar, so dass wir bei med-plast auf die Anwendung bewusst verzichten.
S1-Leitlinien sind Handlungsempfehlungen von Expertengruppen. Eine S2k-Leitlinie ist eine konsensbasierte Leitlinie ("k"), die einen strukturierten Prozess der Konsensfindung durchlaufen hat.
Lipödem-Diagnostik und individuelle Behandlungsstrategie bei med-plast
Stattdessen setzen wir auf eine umfassende Diagnostik und Bewertung, die verschiedene Aspekte berücksichtigt, um eine differenzierte und individuelle Behandlungsstrategie zu entwickeln. Hierbei stehen die individuelle Verteilung und Ausprägung des Lipödems im Vordergrund. Diese werden bei med-plast unbedingt in Abhängigkeit zu den Beschwerden – insbesondere der Schmerzen – gesetzt, bedürfen also einer gründlichen körperlichen Untersuchung. Bei dieser kommt es wiederum auf die Kombination der klinischen Erfahrung, des Wissens und insbesondere den operativen Fähigkeiten des plastischen Chirurgen/in an, der/die unbedingt auf das Krankheitsbild spezialisiert sein sollte.
Lipödem-Patientinnen brauchen eine ganzheitliche Betrachtung
Es ist von entscheidender Bedeutung, die Gesundheit ganzheitlich zu betrachten, insbesondere bei Lipödem-Patienten. Eine Fokussierung allein auf den BMI kann zu Fehleinschätzungen führen und möglicherweise zu falschen Schlussfolgerungen hinsichtlich der Gesundheit und des Behandlungsbedarfs führen. Es ist wichtig andere Faktoren wie die Körperzusammensetzung, den Gesundheitszustand und die individuellen Bedürfnisse der Patientinnen zu berücksichtigen. Wir untersuchen jede Patientin ausführlich, führen u.a. Ultraschalluntersuchungen und Bioelektrische Impedanz Analysen (BIA) regelmäßig durch, um dann eine individuelle und ganzheitliche Lösung zu finden. Am wichtigsten ist bei alldem ein ganz transparenter Informationsaustausch, welcher zu einem erheblichen Mehrwert in dem Verständnis im Thema Lipödem führt. Erst dadurch können im Verlauf so wichtige Entscheidungen getroffen werden wie: „soll ich mich aufgrund meines Lipödems operieren lassen?“

Ganzheitliche Ansätze in der Lipödem Behandlung
Eine umfassende Betreuung von Menschen mit Lipödem erfordert einen multidisziplinären Ansatz. Dazu gehören eine spezialisierte medizinisch/plastisch-chirurgische Versorgung, physiotherapeutische Maßnahmen, Ernährungsberatung und ggf. psychologische Unterstützung. Unsere individuell angepassten Behandlungspläne tragen dazu bei, die Lebensqualität zu verbessern, Schmerzen zu lindern und die Mobilität zu fördern. In unseren besten Fällen leben ehemalige Patientinnen dadurch nach optimaler operativer Therapie ein Leben ohne Lipödem.
Der BMI hilft bei der Lipödem-Bewertung nicht
Der BMI ist ein gängiges Instrument zur groben Einschätzung des Körpergewichts, sollte jedoch bei der Bewertung der Gesundheit von Lipödem-Patienten nicht angewendet werden. Insbesondere die Frage der Operabilität ist nicht mit dem BMI zu beantworten. Eine ganzheitliche Betrachtung, die die individuellen Bedürfnisse und die Komplexität des Lipödems berücksichtigt, ist entscheidend. Nur so können optimale Behandlungsergebnisse erzielt und die bestmögliche Lebensqualität der Betroffenen wieder zurückerlangt werden.
"Die generelle Anwendung des BMI ist grundsätzlich zu hinterfragen. Im Zusammenhang mit dem Lipödem ist der BMI aus unserer Sicht ungeeignet. "
Dr. med. Georg Reumuth
Wir beraten Sie individuell und unverbindlich zu Ihren Weg in ein lipödem-freies Leben.
