Dicke Beine oder Lipödem?

Lipödem oder nur dicke Beine? – mach den Kneiftest!

Die Leiden unserer Patientinnen, die mit ihren „dicken Beinen“ zu uns kommen, sind sehr vielfältig. Fast immer geht es um Schmerzen, Schweregefühl und Bewegungseinschränkung. Aber auch um Unzufriedenheit mit dem eigenen weiblichen Erscheinungsbild, dem gesellschaftlichen Druck sowie unangenehmen Blicken und Vorurteilen.

Übrigens: zum Thema Vorurteile haben wir dir unser Wissen und unsere Meinung in einem anderen Blogbeitrag zusammengefasst.

Dicke Beine oder Lipödem?

Eine Sache müssen wir gleich vorab klarstellen: Obwohl das Lipödem und die Adipositas zwei unterschiedliche Krankheiten darstellen, treten sie oft gemeinsam in Erscheinung. Die Mischung beider Krankheitsbilder kann ein Grund dafür sein, dass ein Lipödem erst sehr spät oder überhaupt nicht erkannt wird. Aber was ist der Unterschied zwischen einfach „nur dicken Beinen“ und einem Lipödem?

Hier ein kurzer Überblick:

Lipödem
„dicke Beine“ / Adipositas
Geschlecht
weiblich
weiblich / männlich
Schmerzen
Ja – andauernder, starker Schmerz
Nein
Blaue Flecken
Ja – sehr schnell
Nein
Dysproportion
Ja
Nein – häufig symmetrische Fettverteilung
Einfluss Diät
Nein – kein nennenswerter Einfluss
Ja
Schwellung Füße
Nein
Ja, stadienabhängig

Der schnelle Selbsttest - kneif dich!

Der größte Unterschied beim Lipödem zur Abgrenzung von Adipositas liegt also im Vorhandensein von Schmerzen.
Ein weiterer feiner Unterschied: gesunde Menschen spüren an den Innenseiten ihrer Oberschenkel einen stärkeren Schmerz als an den Außenseiten.

Das liegt an den vermehrten feinen Nervenendigungen in der Hautinnenseite der Oberschenkel. Bei einer Lipödem-Erkrankung ist es genau andersherum! Durch den Druck, den das überschüssige Fett auf deine Oberschenkel ausübt, schmerzen hier häufig die Außenseiten mehr. Dies liegt an der bei Lipödem typisch vermehrten Fettverteilung an den Oberschenkelaussenseiten im Vergleich zu den Innenseiten.

Manche Betroffene geben im Erstgespräch gar keine Schmerzen an, bei der körperlichen Untersuchung sieht es jedoch auf einmal ganz anders aus. Der sogenannte „Pinchtest“ – also „Kneiftest“ kann dir schnell ein besseres Bild von deiner Krankheit verschaffen. Mache ihn selbst!

Lipödem-Fettzellen verursachen Schmerzen

So geht der Lipödem Kneiftest

Stell dich aufrecht hin und kneife dich vorsichtig in die Innenseite und anschließend in die Außenseite deiner Oberschenkel. Nimm dabei wie auf dem Bild eine abgehobene Hautwulst zwischen Daumen und Zeigefinger.

Pinchtest und grobe Haut bei Lipödem Diagnose
  • Spürst du schon bei einem leichten Kneifen einen Schmerz? Dann hast du mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Lipödem. Denn die vermehrten und vergrößerten Fettzellen drücken hier schmerzhaft auf die sensiblen Nervenfasern in deiner Haut.
  • Spürst du beim Kneifen nur einen geringen Schmerz oder zumindest ein unangenehmes Druckgefühl, sind dies ebenfalls Hinweise für ein Lipödem.
  • Spürst du eventuell gar keinen Schmerz, kann es sich trotzdem bei entsprechender Erscheinung um ein Lipödem handeln, da jede Betroffene über die Jahre eine unterschiedliche Schmerzakzeptanz entwickelt.

Knötchen unter der Haut

Bei fühlbaren Knötchen in der Tiefe des Gewebes, die beim Kneiftest ebenfalls schmerzhaft sein können, handelt es sich nach unseren Erkenntnissen um Entzündungsprozesse. Die Ursache hierfür liegt beim Lipödem vergleichbar wie bei Psoriasis in einer erhöhten Zellproduktion.

Die vermehrt neu gebildeten Lipödemfettzellen sterben auch nach einem kürzeren Lebenszyklus schneller ab. Durch den hierbei entstehenden Entzündungsprozess werden die abgestorbenen Lipödem Fettzellen vom Immunsystem abgebaut und über das Lymphsystem entsorgt. Durch diese Entzündungsprozesse und den dabei ausgeschütteten Entzündungs-Mediatoren können wir die tastbaren schmerzhaften Knötchen erklären.

Gut zu wissen

Im Fettgewebe gibt es bis heute noch keine wissenschaftlich nachgewiesenen sensiblen Nervenfasern. Bei genauer Betrachtung bedeutet das also, dass deine Lipödem-Fettzelle selbst gar nicht weh tun kann. Nach unserer Beobachtung und Erfahrung bei med-plast ist es der indirekte Druck des überschüssigen Fettvolumens auf die Hautrezeptoren, welcher den Schmerz an der Oberfläche der Haut produziert und weiterleitet. Deshalb ist der Schmerz beim Kneiftest zwischen den Fingern aussagekräftiger als einfach nur mit einem Finger von oben auf das Gewebe zu drücken. In anderen Worten: bei diesem Drucktest mit nur einem Finger fällt der individuell wahrgenommene Druckschmerz bei Lipödem stets geringer aus als bei dem Kneiftest mit zwei Fingern.

Adipositas oder Lipödem - warum unterscheiden wir?

Eine Unterscheidung zwischen Lipödem und Adipositas ist nicht einfach, aber wichtig, damit wir dich auch richtig behandeln können. Sicher ist, dass bei einem Lipödem allein eine Liposuktion, also eine Fettabsaugung, hilft. Zumindest, um die Krankheit wirklich nachhaltig in den Griff zu bekommen.

Die Ursachen für eine Adipositas können vielfältig sein – vom ungesunden Lebensstil, über Medikamente bis hin zu genetischen Ursachen.

Die Ursachen des Lipödems sind dagegen noch nicht vollständig geklärt. Das Lipödem entsteht, wenn sich das Unterhautfettgewebe krankhaft vermehrt. Diese Volumenzunahme betrifft sowohl die Anzahl der Fettzellen (sogenannte Hyperplasie) als auch die Größe der Fettzellen (sogenannte Hypertrophie). Bei beiden Krankheiten können Sport und eine gesunde Ernährung helfen, den Krankheitsverlauf zumindest zeitweise nicht weiter zu verschlimmern. Jeder Mensch ist anders und reagiert anders auf äußere und innere Einflüsse. Finde deinen individuellen Weg!

Lipödem Sport und Ernährung

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